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Überschusserzielungsabsicht bei der Vermietung von Ferienwohnungen

11. November 2025

Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. August 2025, IX R 23/24, bietet eine tiefgehende Analyse der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vermietung einer Ferienwohnung als Einkünfteerzielungsabsicht im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewertet wird. Im Streitfall ging es um die Frage, ob die Klägerin, die ihre Ferienwohnung in den Jahren 2017 und 2018 an Feriengäste vermietete, die ortsüblichen Vermietungszeiten überschritt und somit die Absicht hatte, mit dieser Tätigkeit einen Überschuss zu erzielen.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin vermietete ihre Ferienwohnung seit 2008 und erzielte in den Jahren 2017 und 2018 jeweils Werbungskostenüberschüsse (Verluste) aus der Vermietung. Im Streitjahr 2017 war die Wohnung an 72 Tagen und im Jahr 2018 an 44 Tagen vermietet. Der ortsübliche Durchschnitt für die Vermietung von Ferienwohnungen in der Region lag jedoch bei 108 Tagen (2017) und 87 Tagen (2018). Aufgrund dieser Abweichungen weigerte sich das Finanzamt, die Verluste anzuerkennen, da die Klägerin die ortsüblichen Vermietungszeiten erheblich unterschritten habe, was nach Ansicht des Finanzamts die Einkünfteerzielungsabsicht infrage stelle.

Die Entscheidung des Finanzgerichts

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz stützte sich auf die Annahme, dass die Klägerin die ortsübliche Vermietungszeit in den Jahren 2017 und 2018 um mehr als 25 % unterschritten habe, und verneinte daher eine Einkünfteerzielungsabsicht. Es stellte fest, dass die hohe Höhe der Verluste darauf hindeutete, dass mit der Vermietung der Ferienwohnung kein positives Ergebnis erzielt werden könne. Das Gericht entschied, dass die Klägerin keine ausreichende Absicht zur Erzielung von Überschüssen habe, weshalb es die Klage abwies.

Die Entscheidung des BFH

Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Finanzgericht zurück. Der BFH kritisierte insbesondere, dass das Finanzgericht bei der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht den für solche Fälle typischen, langfristigen Zeitraum von drei bis fünf Jahren zugrunde gelegt hatte. Stattdessen hatte das Finanzgericht die Jahre 2017 und 2018 isoliert betrachtet, was nicht der gängigen Rechtsprechung entsprach.

Laut der BFH-Rechtsprechung ist es erforderlich, die durchschnittliche Auslastung der Ferienwohnung über einen längeren Zeitraum zu analysieren, um die Einkünfteerzielungsabsicht zu beurteilen. Zudem muss bei der Frage, ob die ortsübliche Vermietungszeit erheblich unterschritten wurde, ein Zeitraum von mehreren Jahren berücksichtigt werden, um temporäre Schwankungen und Besonderheiten einzelner Jahre auszuschließen.

Praktische Auswirkungen des Urteils

Dieses Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die steuerliche Beurteilung von Ferienwohnungsvermietungen. Es verdeutlicht, dass die Finanzämter und Finanzgerichte bei der Frage der Einkünfteerzielungsabsicht auf einen langfristigen Betrachtungszeitraum abstellen müssen. Steuerpflichtige, die Ferienwohnungen vermieten, sollten daher darauf achten, ihre Belegungszeiten über mehrere Jahre hinweg zu dokumentieren und zu belegen, dass sie ihre Objekte im Rahmen des ortsüblichen Marktes anbieten. Es wird klargestellt, dass eine kurzfristige Unterschreitung der ortsüblichen Vermietungszeiten nicht zwangsläufig dazu führt, dass die Einkünfteerzielungsabsicht zu verneinen ist.

Die Entscheidung zeigt zudem, dass das Finanzgericht bei seiner Prognose auch zukünftige Entwicklungen, wie etwa geplante Renovierungen oder eine beabsichtigte Veräußerung der Ferienwohnung, berücksichtigen muss, sofern diese Umstände für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht relevant sind. Eine isolierte Betrachtung einzelner Jahre ohne Berücksichtigung langfristiger Entwicklungen ist nach dieser Entscheidung nicht ausreichend.

Fazit

Das Urteil des BFH vom 12. August 2025 bringt Klarheit für die Praxis der Ferienwohnungsvermietung. Es stellt klar, dass eine typische Dauervermietung nur dann angenommen werden kann, wenn eine Ferienwohnung tatsächlich über einen längeren Zeitraum hinweg in einem Rahmen angeboten wird, der den örtlichen Gegebenheiten entspricht. Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist, bei der steuerlichen Beurteilung von Vermietungstätigkeiten langfristige Perspektiven einzunehmen und nicht nur kurzfristige Schwankungen zu berücksichtigen. Dies ist nicht nur für die Klägerin von Bedeutung, sondern für alle Steuerpflichtigen, die ähnliche Vermietungsmodelle verfolgen.

Zu dem Thema sowie zu allen anderen steuerlichen und erbrechtlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.

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