Abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten: Ein Überblick über die aktuellen Grundsätze
Nachlassverbindlichkeiten spielen eine entscheidende Rolle bei der Berechnung der Erbschaftsteuer, indem sie den steuerpflichtigen Erwerb mindern, sofern sie gemäß § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähig sind. Diese Thematik wirft immer wieder praxisrelevante Fragen auf und ist häufig Gegenstand finanzgerichtlicher Entscheidungen. Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick über die aktuellen Grundsätze und relevanten Aspekte dieser Regelung.
Zunächst sei angemerkt, dass abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 ErbStG in drei Hauptkategorien unterteilt werden: Erblasserschulden, Erbfallschulden und Erbfallkosten.
Erblasserschulden umfassen sämtliche Schulden, die vom Erblasser selbst verursacht wurden und nicht mit seinem Tod erloschen sind. Dazu zählen insbesondere Steuerschulden, Darlehensverbindlichkeiten und andere offene Rechnungen. Auch die Tilgungskosten dieser Schulden können als Kosten zur Regelung des Nachlasses abgezogen werden. Eine Besonderheit besteht bei Betriebsschulden, die bereits im Rahmen der Bewertung des Betriebsvermögens berücksichtigt werden und somit nicht als Erblasserschulden abzugsfähig sind. Der BFH hat am 10. Mai 2023 entschieden, dass Steuern, die aufgrund einer durch die Erben nach § 16 Abs. 3b Satz 2 und § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG rückwirkend erklärten Betriebsaufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes entstehen, nicht als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG in Abzug gebracht werden können. Die Kläger, Miterben eines 2016 verstorbenen Erblassers, hatten nach dessen Tod die Aufgabe des Betriebes rückwirkend erklärt, was zu einer Steuerlast führte. Das Finanzamt lehnte es ab, diese Steuer als Nachlassverbindlichkeit anzuerkennen, und die Klage der Erben wurde vom BFH zurückgewiesen.
Erbfallschulden entstehen hingegen durch den Erbanfall selbst und betreffen den Erwerber aufgrund testamentarischer oder gesetzlicher Verpflichtungen, wie Vermächtnisse oder Pflichtteile. Auch hier sind die Einschränkungen des § 10 Abs. 6 ErbStG zu beachten, wonach Schulden und Lasten nicht abzugsfähig sind, wenn sie in Zusammenhang mit steuerfreien Vermögensgegenständen stehen.
Die Erbfallkosten umfassen sämtliche Kosten, die unmittelbar durch den Erbfall entstehen. Hierzu zählen insbesondere Beerdigungskosten, Grabpflege, Verteilung und Abwicklung des Nachlasses sowie die Kosten für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung. Der BFH hat in seiner Rechtsprechung den Begriff der Nachlassregelungskosten weit ausgelegt, sodass auch Kosten für die rechtliche und tatsächliche Feststellung des Nachlasses sowie die Inbesitznahme der Erbschaftsgüter darunterfallen können. Nicht abzugsfähig sind hingegen die Kosten der Nachlassverwaltung, die erst nach der Feststellung des Nachlasses entstehen und dessen Verwaltung dienen.
Eine Erbfallkostenpauschale i. H. v. 10.300,00 Euro wird gewährt, wenn keine höheren tatsächlichen Kosten nachgewiesen werden können. Diese Pauschale kann allerdings nur einmal je Erbfall in Anspruch genommen werden und nicht von jedem einzelnen Erben separat.
Zu beachten ist auch die spezielle Regelung des § 10 Abs. 6 ErbStG, welche den Abzug von Schulden und Lasten beschränkt, wenn diese in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreien Vermögensgegenständen stehen. Diese Regelung wurde durch das Jahressteuergesetz 2020 dahingehend angepasst, dass nun auch anteilig Schulden und Lasten berücksichtigt werden, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit steuerfreien Vermögensgegenständen stehen.
Für Schenkungen gelten besondere Grundsätze, wobei hier keine explizite gesetzliche Regelung zur Abzugsfähigkeit von Kosten existiert. Die Finanzverwaltung erlaubt jedoch den Abzug von Erwerbsnebenkosten wie Notar- und Grundbuchkosten, während Steuerberatungs- und Rechtsberatungskosten im Vorfeld der Schenkung nicht abzugsfähig sind.
In der Praxis ist es wichtig, genau zu prüfen, welche Verbindlichkeiten und Kosten abzugsfähig sind und welche nicht, um die Erbschaftsteuer korrekt zu berechnen und eventuelle Korrekturen der Steuererklärung rechtzeitig vorzunehmen. Hierbei kann die Expertise eines spezialisierten Steuerberaters von großem Nutzen sein, um alle relevanten Aspekte und aktuellen Entwicklungen zu berücksichtigen.
Zu dem Thema „Abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten“ sowie zu allen anderen steuerlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.