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Trumps „Section 899“ – Ein Rückzug vom steuerpolitischen Konfrontationskurs

17. Juli 2025

Mit der Verabschiedung des „One Big Beautiful Bill“ am 4. Juli hat die US-Regierung unter Präsident Donald Trump nicht nur eine weitreichende Steuerreform umgesetzt, sondern sich zugleich in einem zentralen Punkt überraschend kompromissbereit gezeigt: Die ursprünglich geplante Einführung von Section 899 des Internal Revenue Code – eine fiskalische Strafmaßnahme gegen „diskriminierende“ ausländische Steuersysteme – wurde in letzter Minute aus dem Gesetz gestrichen.

Worum ging es bei Section 899?

Section 899 IRC hätte sich gegen Staaten gerichtet, die aus US-amerikanischer Sicht „unfaire ausländische Steuern“ anwenden – insbesondere die Digital Services Tax (DST) sowie die sogenannte Undertaxed Profits Rule (UTPR), ein Kernelement der OECD-Mindestbesteuerung. Länder wie Deutschland, Frankreich oder Italien, die entsprechende Maßnahmen umgesetzt haben oder dies planen, sollten ursprünglich auf einer vom US-Finanzministerium erstellten Liste „diskriminierender Staaten“ erscheinen.

Die Folge wären massive steuerliche Belastungen für natürliche und juristische Personen aus diesen Ländern gewesen: Quellensteuersätze auf Dividenden, Lizenzen oder Miet- und Pachteinnahmen aus den USA wären sukzessive auf bis zu 50 % angehoben worden – mit potenziellen Auswirkungen auch auf bestehende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA).

Warum wurde Section 899 gestrichen? – G7-Kompromiss schafft neues Gleichgewicht

Die Streichung von Section 899 ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen zwischen dem US-Finanzministerium und den G7-Staaten. Am 28. Juni 2025 veröffentlichten die G7 ein gemeinsames „Joint Statement“, das – wenn auch vage formuliert – die Grundzüge des erzielten Kompromisses skizziert. Demnach sollen künftig die US-amerikanische Steuerregelung und die OECD-Mindestbesteuerung im Rahmen eines sogenannten „Side-by-Side“-Systems koexistieren.

Konkret heißt das: Multinationale Unternehmensgruppen mit in den USA ansässigen obersten Muttergesellschaften sollen sowohl von der IIR („Income Inclusion Rule“) als auch von der UTPR ausgenommen werden, sofern sie bereits unter die im US-Recht vorgesehenen nationalen Mindestbesteuerungsmechanismen fallen. Die internationale Gemeinschaft – insbesondere die EU-Staaten – erkennt damit an, dass die USA ihre eigenen Wege zur Umsetzung einer Mindestbesteuerung gehen dürfen. Im Gegenzug haben die USA auf die Umsetzung von Section 899 und damit auf die sogenannte „Revenge Tax“ verzichtet.

 

International wurde dieser Schritt als positives Signal für multilaterale Zusammenarbeit und Investitionssicherheit gewertet. Die USA haben damit anerkannt, dass eine einseitige fiskalische Vergeltung kontraproduktiv für globale Wirtschaftsbeziehungen wäre.

Was bedeutet das für Deutschland und die EU?

Für deutsche Unternehmen mit signifikanten US-Aktivitäten bedeutet die Streichung von Section 899 eine erhebliche Entlastung – sowohl im Hinblick auf steuerliche Planbarkeit als auch im Sinne des Bestandsschutzes für bestehende DBA-Strukturen. Auch für institutionelle Investoren in US-Vermögenswerte entfällt vorerst das Risiko drastisch erhöhter Quellensteuern.

Gleichzeitig erhöht die G7-Einigung den politischen Druck auf die EU-Staaten, bei der Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung flexibel zu bleiben. Eine vollständige Rücknahme der UTPR-Regelungen für US-Konzerne wäre innerhalb der EU zwar rechtlich und politisch schwer durchsetzbar . Dennoch könnten nationale Gesetzgeber auf Auslegungs- und Anwendungsspielräume zurückgreifen, um dem transatlantischen Kompromiss gerecht zu werden.

Ein Lehrstück transatlantischer Steuerpolitik

Auch wenn Section 899 nicht in Kraft tritt, bleibt ihre Geschichte ein Lehrstück über die wachsenden Spannungen im internationalen Steuerrecht  zwischen nationalstaatlichem Interesse und multilateraler Kooperation. Der Rückzug der USA von einem offen konfrontativen Kurs eröffnet neue Spielräume für Verständigung. Er ist aber auch Mahnung, dass globale Steuerpolitik künftig nur im Dialog tragfähig gestaltet werden kann.

Europa wird mehr denn je eine kohärente, handlungsfähige und international anschlussfähige Steuerstrategie brauchen. Nicht nur als Reaktion auf Washington, sondern im Interesse eigener fiskalischer Souveränität.

Zu dem Thema sowie zu allen anderen steuerlichen und erbrechtlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.

 

DISCLAIMER: Dieser Beitrag ersetzt keine umfassende steuerliche bzw. rechtliche Beratung durch einen Steuerberater und/oder Rechtsanwalt im Einzelfall. Es handelt sich um einen rein informativen Beitrag. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der in dem Beitrag verwendeten Informationen wird keine Garantie übernommen. Jegliche Haftung für Schäden, die ihre Entstehung in der Nutzung oder Nichtnutzung von Informationen in diesem Beitrag haben, wird ausgeschlossen.