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Zweites Krypto-Datenpaket: Finanzverwaltung verschärft Vorgehen gegen nicht erklärte Kryptogewinne

7. Oktober 2025

Die aktuelle Entwicklung in Nordrhein-Westfalen zeigt, wie ernst es die Finanzverwaltung mit der Aufdeckung bislang nicht versteuerter Einkünfte aus Kryptowerten meint. Das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) wertet seit September 2025 ein zweites großes Datenpaket mit Transaktionen von Krypto-Anlegern aus. Rund 4.000 Steuerfälle aus dem gesamten Bundesgebiet werden zentral aufbereitet und anschließend an die zuständigen Finanzämter weitergeleitet. Bereits aus dem ersten Sammelauskunftsersuchen im Jahr 2023 ergaben sich erhebliche Steuernachforderungen in Millionenhöhe.

Damals hatte das LBF NRW über ein Sammelauskunftsersuchen Kryptodaten erhalten: Wie das Handelsblatt aufdeckte und unsere Mandatsarbeit zeigte, gab die Krypto-Handelsplattform Bitcoin.de Informationen über Transaktionen aus den Jahren 2015 bis 2017 preis. Auch diesmal stützen sich die Ermittler auf Daten von Bitcoin.de, nun aus dem Folgezeitraum 2018 bis 2022.

Für betroffene Anleger stellt sich nun die zentrale Frage: Kann eine Nacherklärung bzw. Selbstanzeige noch strafbefreiend wirken oder ist es dafür bereits zu spät?

Rechtliche Voraussetzungen der Selbstanzeige

Die Selbstanzeige ist ein gesetzlich vorgesehenes Instrument, um eine begangene Steuerhinterziehung nachträglich zu bereinigen. Sie wirkt nur dann strafbefreiend, wenn sämtliche unrichtigen oder unvollständigen Angaben für alle unverjährten Zeiträume berichtigt werden. Hinzu kommt, dass die hinterzogenen Steuern samt Hinterziehungszinsen und ggf. Strafzuschlägen nach § 398a AO fristgerecht nachgezahlt werden müssen.

Eine entscheidende Regelung besteht in der sogenannten Sperrwirkung: Sobald die Tat entdeckt ist oder ein Steuerpflichtiger mit der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens rechnen muss, ist eine wirksame Selbstanzeige nicht mehr möglich. Gleiches gilt, wenn bereits eine Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde.

Praktisches Problem: Wann liegt Tatentdeckung vor?

Genau hier liegt das Spannungsfeld der aktuellen Entwicklung. Mit der Auswertung und bundesweiten Verteilung der Kryptodaten an die Finanzämter besteht die Gefahr, dass für viele Betroffene bereits eine Tatentdeckung angenommen werden könnte. Ob und wann dies im Einzelfall vorliegt, hängt vom Vorgehen der Finanzverwaltung und dem Investment- und Tradingverhalten des Steuerpflichtigen ab.

Die Praxis zeigt unterschiedliche Wege: Manche Finanzämter verschicken zunächst sogenannte „Goldene-Brücke-Schreiben“. Damit erhalten Steuerpflichtige die Gelegenheit, ihre Steuererklärungen eigenständig zu korrigieren. In diesen Fällen kann eine Nacherklärung bzw. Selbstanzeige regelmäßig noch wirksam abgegeben werden. Andere Finanzämter leiten dagegen unmittelbar ein Strafverfahren ein oder ordnen eine Außenprüfung an. Ab diesem Zeitpunkt ist der Weg in die Straffreiheit versperrt.

Zielsetzung der Finanzverwaltung

Die Maßnahmen des LBF NRW verdeutlichen den Anspruch, Krypto-Gewinne systematisch der Besteuerung zuzuführen und ein deutliches Signal an die Anleger zu senden. Die Finanzverwaltung will zeigen, dass die Zeiten vermeintlicher Anonymität im Kryptobereich vorbei sind. Durch internationale Kooperationen, Blockchain-Forensik und automatisierte Meldepflichten wird der Zugriff stetig ausgeweitet. Auch die DAC8 für Veranlagungszeiträume ab 2026 wirft ihre Schatten voraus (siehe unser Blogbeitrag vom 7. November 2024).

Das Ziel ist klar: Steuerhinterziehung soll nicht nur aufgeklärt, sondern durch die Drohung sicherer Entdeckung auch präventiv verhindert werden.

Konsequenzen für die Praxis

Für Steuerpflichtige, die in der Vergangenheit Einkünfte aus Krypto-Assets nicht erklärt haben, besteht dringender Handlungsbedarf. Eine wirksame Selbstanzeige ist regelmäßig noch möglich, solange das Finanzamt nicht aktiv geworden ist. Mit jedem Tag steigt jedoch das Risiko, dass die Sperrwirkung greift.

Auch wenn eine Selbstanzeige im konkreten Fall nicht mehr möglich sein sollte, kann eine freiwillige Offenlegung strafmildernde Wirkung entfalten. Spontane und unkoordinierte Erklärungen gegenüber der Finanzverwaltung sind dagegen gefährlich, da sie die Rechtsposition schwächen können.

Fazit

Die zweite Krypto-Datenlieferung des LBF NRW markiert eine neue Stufe in der Aufarbeitung von Kryptoeinkünften durch die Finanzverwaltung. Wer betroffen sein könnte, sollte jetzt prüfen lassen, ob eine Nacherklärung bzw. Selbstanzeige noch wirksam abgegeben werden kann. Abwarten ist in dieser Situation die schlechteste Option. Nur rechtzeitiges und strategisch geplantes Handeln schützt vor Strafverfahren und vermeidbaren finanziellen Belastungen.

Zu dem Thema sowie zu allen anderen steuerlichen und erbrechtlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.

DISCLAIMER: Dieser Beitrag ersetzt keine umfassende steuerliche bzw. rechtliche Beratung durch einen Steuerberater und/oder Rechtsanwalt im Einzelfall. Es handelt sich um einen rein informativen Beitrag. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der in dem Beitrag verwendeten Informationen wird keine Garantie übernommen. Jegliche Haftung für Schäden, die ihre Entstehung in der Nutzung oder Nichtnutzung von Informationen in diesem Beitrag haben, wird ausgeschlossen.