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Arbeitslohn in Kryptowährung – was das BAG wirklich entschieden hat

22. September 2025

Mit Urteil vom 16. April 2025 (Az. 10 AZR 80/24) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) erstmals grundlegende Aussagen zur Zulässigkeit von Krypto-Vergütungen im Arbeitsverhältnis getroffen – ein Urteil, das insbesondere für technologieaffine Branchen von erheblicher Bedeutung ist. Es stellt klar: Die Auszahlung von Arbeitslohn in Kryptowährung ist unter bestimmten Voraussetzungen zulässig – aber keineswegs grenzenlos.

Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Mitarbeiterin einer Krypto-Firma gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber geklagt. Streitgegenstand war die Auszahlung von Provisionen, die laut Arbeitsvertrag in Euro zu berechnen, jedoch in Ether (ETH) auszuzahlen waren. Da die Übertragung der Token trotz mehrfacher Aufforderung ausblieb, begehrte die Arbeitnehmerin die Zahlung in Form von 19,194 ETH. Der Arbeitgeber hingegen vertrat die Auffassung, eine Auszahlung in Kryptowährung sei arbeitsrechtlich unzulässig – und überwies stattdessen einen pauschalen Euro-Betrag.

Zentraler rechtlicher Anknüpfungspunkt des Rechtsstreits war § 107 Gewerbeordnung (GewO). Dieser verpflichtet Arbeitgeber, das Arbeitsentgelt grundsätzlich in Euro zu leisten. Kryptowährungen wie Ether sind kein gesetzliches Zahlungsmittel – und damit kein „Geld“ im Sinne dieser Vorschrift. Gleichwohl eröffnet § 107 Abs. 2 GewO eine Öffnungsklausel: Danach kann ein Teil des Arbeitslohns in Form von Sachbezügen gewährt werden, sofern dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. Das BAG stellte klar: Ether kann einen solchen Sachbezug darstellen – vorausgesetzt, die Regelung erfolgt im Interesse des Arbeitnehmers.

Die Entscheidung eröffnet Arbeitgebern grundsätzlich die Möglichkeit, variable Entgeltbestandteile – etwa Provisionen oder Boni – in Kryptowährung zu leisten. Jedoch stellt das BAG hierzu klare Bedingungen auf. So darf der Wert des Sachbezugs (also der Kryptowährung) den pfändbaren Teil des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Der unpfändbare Betrag – der dem Existenzminimum dient – muss zwingend in Euro ausgezahlt werden (§ 107 Abs. 2 Satz 5 GewO). Diese Regelung dient dem Schutz der Arbeitnehmer und verhindert, dass sie auf die Liquidierung volatiler Sachwerte angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Für die Praxis bedeutet dies: Eine vollständige Krypto-Vergütung ist unzulässig. Es bedarf vielmehr einer sauberen Aufteilung zwischen Euro- und Krypto-Komponente, basierend auf dem jeweils individuellen Pfändungsschutz nach den §§ 850 ff. ZPO. Das BAG verwies die Sache deshalb an das Landesarbeitsgericht zurück, da die Vorinstanz keine tragfähigen Feststellungen zum Nettoarbeitsentgelt und zur Pfändungsfreigrenze getroffen hatte.

Die Entscheidung zeigt: Krypto-Vergütungen sind im Arbeitsrecht kein No-Go – aber sie sind rechtlich komplex. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass der Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt wird, vertragliche Regelungen transparent und individuell vereinbart sind und die Lohnabrechnung technische sowie rechtliche Anforderungen erfüllt. Für Arbeitnehmer wiederum gilt: Nur wenn ein eigenes, objektivierbares Interesse an der Krypto-Zahlung besteht, kann eine solche Regelung Bestand haben. Die Kursvolatilität bleibt dabei stets ihr eigenes Risiko.

Offen ließ das BAG, ob Klauseln zur Krypto-Vergütung in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Kontrolle nach § 307 BGB standhalten. Hier besteht für Arbeitgeber erheblicher Regelungs- und Gestaltungsbedarf – ein Risiko, das nicht unterschätzt werden sollte.

Das Urteil ist ein Meilenstein: Es gibt erste Rechtssicherheit, eröffnet neue Gestaltungsspielräume – und verlangt gleichzeitig ein hohes Maß an rechtlicher und steuerlicher Präzision. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten diese Entwicklung aufmerksam begleiten und ihre Vertragsmodelle sorgfältig prüfen.

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