Die Gültigkeit eines Testaments auf einem „ungewöhnlichen Medium“ – Das Urteil des OLG Oldenburg zur Frage des Testierwillens
Im Beschluss des OLG Oldenburg vom 20. Dezember 2023 (Az.: 3 W 96/23) ging es um die zentrale Frage, ob ein auf einem ungewöhnlichen Medium verfasstes Schriftstück, in diesem Fall ein Notizzettel einer Brauerei, als wirksames Testament gelten kann. Der Fall zeigt, dass es nicht auf die äußere Form eines Testaments ankommt, sondern vielmehr auf den Willen des Erblassers, eine rechtlich verbindliche Verfügung zu treffen.
Der Erblasser hatte einen Notizzettel einer Brauerei, auf dem üblicherweise Bestellungen in der Gastronomie notiert werden, mit den Worten „… kriegt alles“ versehen. Die Kernfrage des Verfahrens war, ob dieser Zettel als formgültiges Testament angesehen werden konnte und ob der erforderliche Testierwille vorlag.
Der Testierwille als entscheidendes Kriterium
Das OLG Oldenburg stellte klar, dass der Testierwille das wesentliche Unterscheidungsmerkmal eines Testaments darstellt. Dieser Wille grenzt das Testament von bloßen Entwürfen, Absichtserklärungen oder anderen Schriftstücken ab, die keine letztwillige Verfügung darstellen sollen. Es muss ohne Zweifel feststehen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtlich verbindliche letzte Verfügung angesehen hat oder zumindest das Bewusstsein hatte, dass die Urkunde als Testament gewertet werden könnte.
Das Gericht betonte, dass allein der Umstand, dass sich das formgültige Schriftstück auf einer ungewöhnlichen Unterlage befindet, wie in diesem Fall auf einem Brauereizettel, nicht zwingend bedeutet, dass es sich um einen bloßen Entwurf oder um keine verbindliche letztwillige Verfügung handelt. In der Entscheidung wurde deutlich, dass der Testierwille auch dann gegeben sein kann, wenn das Testament auf einem untypischen Medium verfasst ist, sofern alle anderen gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Beweislage zur Echtheit des Testaments
Ein weiteres zentrales Thema des Verfahrens war die Echtheit des Testaments. Die Feststellungslast für die Echtheit eines Testaments liegt bei derjenigen Person, die sich auf das Testament beruft und daraus ein Erbrecht herleitet. Im vorliegenden Fall hatte das Gericht durch einen Vergleich der Handschrift auf dem Originaldokument mit anderen, unstreitigen Vergleichsproben des Erblassers festgestellt, dass das Schriftstück tatsächlich vom Erblasser selbst verfasst worden war. Es bestanden keine Anhaltspunkte für eine Fälschung oder für das Nachahmen der Handschrift.
Die Mindestvoraussetzungen für ein formgültiges Testament
Das Schriftstück erfüllte die grundlegenden formalen Voraussetzungen für ein eigenhändiges Testament nach § 2247 BGB: Es wurde vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterzeichnet. Darüber hinaus wurde das Testament mit dem Datum versehen und die Erbin ausreichend bestimmt, was weiteren gesetzlichen Soll-Voraussetzungen entsprach.
Das OLG Oldenburg hob hervor, dass auch bei einem ungewöhnlichen Medium der Testierwille entscheidend ist. Der Erblasser hatte durch die Formulierung „… kriegt alles“ klar zum Ausdruck gebracht, wer sein Erbe sein sollte, und die einfache Ausdrucksweise entsprach seinem bekannten Charakter als pragmatisch denkender Mensch, der wenig Interesse an formellen juristischen Formulierungen hatte.
Fazit: Entscheidende Erkenntnisse aus dem Urteil des OLG Oldenburg
Das Urteil des OLG Oldenburg zeigt, dass es für die Wirksamkeit eines Testaments nicht auf die äußere Form oder das verwendete Medium ankommt, sondern darauf, dass der Erblasser mit dem Dokument eine ernsthafte, verbindliche letztwillige Verfügung treffen wollte. Ein Notizzettel einer Brauerei kann demnach ein wirksames Testament darstellen, sofern aus dem Inhalt und den Umständen hervorgeht, dass der Erblasser mit Testierwillen gehandelt hat. Damit setzt das Urteil Maßstäbe für die Beurteilung von Fällen, in denen die äußere Form eines Testaments ungewöhnlich erscheint, und stärkt die Bedeutung des subjektiven Willens des Erblassers als zentralen Aspekt im Erbrecht.
Zu dem Thema „Gültigkeit eines Testaments“ sowie zu allen anderen erbrechtlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.