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Kein Ausschlagungsverbot für den Fiskus hinsichtlich einer im Nachlass befindlichen Erbschaft eines Vorverstorbenen

12. August 2024

Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) bringt Klarheit in eine bisher unklare Rechtsfrage des Erbrechts. Mit dem Beschluss vom 24.04.2024 – IV ZB 23/23 – hat der BGH entschieden, dass sich das Ausschlagungsverbot des § 1942 Abs. 2 BGB für den Fiskus als gesetzlichen Erben (§ 1936 BGB) nicht auf das Recht zur Ausschlagung einer im Nachlass befindlichen Erbschaft eines Vorverstorbenen erstreckt.

Die Kernfrage dieses Urteils war, ob der Staat, wenn er als gesetzlicher Erbe benannt wird, auch das Recht hat, eine im Nachlass befindliche Erbschaft eines Vorverstorbenen auszuschlagen. Der BGH stellte klar, dass das Ausschlagungsverbot des § 1942 Abs. 2 BGB nur für die Erbschaft gilt, die dem Staat als gesetzlichen Erben direkt anfällt. Dies bedeutet, dass der Fiskus die Erbschaft eines Vorverstorbenen, die Bestandteil eines weiteren Nachlasses ist, ausschlagen darf.

Diese Entscheidung basiert auf dem Sinn und Zweck des § 1942 Abs. 2 BGB, der herrenlose Nachlässe vermeiden soll. Wenn der Fiskus eine Erbschaft ausschlägt, die Teil eines anderen Nachlasses ist, führt dies nicht automatisch zu einem herrenlosen Nachlass, da in einem solchen Fall weitere Erben ermittelt werden müssen.
Ein wichtiger Aspekt des Urteils ist die Betonung des BGH auf das Ausschlagungsrecht des Fiskus gemäß § 1952 Abs. 1 BGB, welches vererblich ist und somit auf den Fiskus übergeht. Der BGH stellte klar, dass das Ausschlagungsrecht des Erben nicht durch das Prinzip der Höchstpersönlichkeit eingeschränkt wird, solange der Erbe bzw. seine Rechtsnachfolger persönlich berechtigt sind.

Ferner hob der BGH hervor, dass die Regelung des § 1942 Abs. 2 BGB nicht dazu dient, dem Fiskus das Ausschlagungsrecht generell zu verwehren, sondern lediglich die Ausschlagung der ihm direkt als gesetzlichen Erben angefallenen Erbschaft verhindern soll. Diese Auslegung entspricht dem Zweck der gesetzlichen Regelung, eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung zu sichern und den Fiskus in seiner Rolle als gesetzlichen Erben zu stärken.

In der Praxis bedeutet dies, dass der Staat als gesetzlicher Erbe weiterhin das Recht hat, Erbschaften auszuschlagen, die Bestandteil eines anderen Nachlasses sind, ohne dass dies gegen die Bestimmungen des § 1942 Abs. 2 BGB verstößt. Dieses Urteil schafft Klarheit und Rechtssicherheit für alle Beteiligten im Erbrecht und zeigt einmal mehr, dass die gesetzlichen Bestimmungen sorgfältig und im Sinne ihrer Zweckrichtung ausgelegt werden müssen.

Mit dem Beschluss des BGH wird die Rolle des Fiskus im Erbrecht weiter definiert und die Möglichkeiten zur Ausschlagung von Erbschaften präzisiert. Damit wird sowohl für Fachleute im Erbrecht als auch für Laien deutlich, wie die gesetzlichen Regelungen in der Praxis anzuwenden sind.
Zu dem Thema „Fiskus“ sowie zu allen anderen erbrechtlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.