Die Erbfolge von Geschwistern im deutschen Erbrecht
Im deutschen Erbrecht stellt sich häufig die Frage, unter welchen Umständen Geschwister erbberechtigt sind. Während Ehegatten und direkte Nachkommen oft als vorrangige Erben angesehen werden, bleibt die Rolle von Geschwistern unklar, insbesondere wenn kein Testament vorliegt. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Grundsätze der gesetzlichen Erbfolge und die Stellung von Geschwistern als Erben erläutert.
Pflichtteilsberechtigung und gesetzliche Erbfolge
Das deutsche Erbrecht unterscheidet zwischen Pflichtteilsberechtigten und gesetzlichen Erben. Der Pflichtteil stellt eine Mindestbeteiligung an der Erbschaft sicher und steht nur bestimmten engen Angehörigen zu. Nach § 2303 BGB sind ausschließlich die Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel), der Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner sowie – falls keine Abkömmlinge vorhanden sind – die Eltern des Erblassers pflichtteilsberechtigt. Geschwister gehören nicht zu diesem Kreis und haben daher keinen Anspruch auf einen Pflichtteil, selbst wenn sie vom Erbe ausgeschlossen wurden.
Die gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat. Dabei kommt das sogenannte Ordnungsprinzip (§ 1924 ff. BGB) zur Anwendung, das Verwandte in verschiedene Ordnungen einteilt:
- Ordnung: Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel)
- Ordnung: Eltern des Erblassers und deren Nachkommen (also auch Geschwister sowie deren Kinder und Enkel)
- Ordnung: Großeltern des Erblassers und deren Nachkommen (Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen)
- Ordnung: Urgroßeltern des Erblassers und deren Nachkommen
Ein Verwandter einer niedrigeren Ordnung erbt nur, wenn keine Erben einer höheren Ordnung vorhanden sind.
Wann erben Geschwister?
Da Geschwister zur zweiten Ordnung der gesetzlichen Erbfolge gehören, erben sie nach der gesetzlichen Erbfolge nur dann, wenn keine Abkömmlinge des Erblassers vorhanden sind. Falls beide Elternteile des Erblassers noch leben, erben diese allein. Geschwister erhalten erst dann eine Erbbeteiligung, wenn mindestens ein Elternteil verstorben ist.
Beispiel:
- Der Erblasser hinterlässt keine Kinder, aber seine Mutter und zwei Geschwister. In diesem Fall erbt die Mutter die Hälfte des Nachlasses, während die beiden Geschwister jeweils ein Viertel erhalten.
- Sind beide Eltern verstorben, erben die Geschwister zu gleichen Teilen.
Falls ein Geschwisterteil bereits verstorben ist, treten dessen Kinder (Neffen und Nichten des Erblassers) an seine Stelle (§ 1925 Abs. 3 BGB).
Einfluss eines Ehegatten auf das Erbrecht der Geschwister
Ist der Erblasser verheiratet, verändert sich die Erbfolge. Der Ehegatte erbt neben Verwandten der zweiten Ordnung einen Anteil, dessen Höhe sich nach dem ehelichen Güterstand richtet. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhält der Ehegatte die Hälfte des Nachlasses, während die verbleibende Hälfte auf die erbberechtigten Geschwister verteilt wird.
Falls der Erblasser ohne Abkömmlinge verstirbt und sowohl seine Eltern als auch Geschwister bereits verstorben sind, erbt der überlebende Ehegatte allein den gesamten Nachlass.
Bedeutung des Testaments
Da Geschwister nicht pflichtteilsberechtigt sind, können sie nur durch eine testamentarische Verfügung gezielt als Erben eingesetzt werden. Wer möchte, dass seine Geschwister (oder Neffen und Nichten) erben, sollte dies ausdrücklich in einem Testament oder Erbvertrag festhalten. Andernfalls treten sie nur in den oben genannten Fällen der gesetzlichen Erbfolge in Erscheinung.
Fazit
Geschwister haben im deutschen Erbrecht eine nachrangige Stellung. Sie sind nicht pflichtteilsberechtigt und erben nur dann, wenn keine direkten Abkömmlinge vorhanden sind. Solange die Eltern des Erblassers noch leben, erhalten sie ebenfalls Vorrang. Eine aktive testamentarische Regelung ist daher unerlässlich, wenn Geschwister oder deren Nachkommen bedacht werden sollen.
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