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Rückerstattung von Umsatzsteuer bei unzutreffender Ausweisung – Rechtslage und Hintergründe

28. Februar 2025

In der aktuellen Rechtsprechung zum Steuerrecht (OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2024 – 10 U 102/23) wird eine zentrale Frage behandelt: Unter welchen Voraussetzungen kann ein Auftraggeber die Rückerstattung von Umsatzsteuer verlangen, wenn diese vom Auftragnehmer zu Unrecht in Rechnung gestellt wurde? Der Fall einer Klage auf Rückzahlung unzutreffend ausgewiesener Umsatzsteuer im Zusammenhang mit einem Bauvertrag gibt hierzu wertvolle Einblicke.

Grundsätzlich unterliegen Bauleistungen der Umsatzsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Hiervon macht § 4 Nr. 9a UStG jedoch eine Ausnahme: Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, sind von der Umsatzsteuer befreit. In der Praxis können hierbei Schwierigkeiten entstehen, insbesondere wenn der Erwerb eines Grundstücks und die darauf bezogene Bauleistung zwar rechtlich getrennt, faktisch jedoch als einheitliches Vertragswerk behandelt werden.

Einheitlicher Leistungsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist von einem einheitlichen Leistungsgegenstand auszugehen, wenn ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen einem Grundstückskaufvertrag und einer Bauleistung besteht. Dies gilt insbesondere, wenn die beiden Vertragsbestandteile aufeinander abgestimmt sind und der Erwerber objektiv betrachtet ein bebautes Grundstück erhalten soll.

Im hier betrachteten Fall lag ein solcher Zusammenhang vor, da der Verkäufer des Grundstücks zugleich als Alleingesellschafter und Geschäftsführer des Bauunternehmens fungierte. Die enge personelle und wirtschaftliche Verflechtung ließ darauf schließen, dass die Leistungen – ungeachtet der rechtlichen Trennung – als wirtschaftlich einheitlich zu behandeln waren. Folglich unterlagen die Baukosten der Grunderwerbsteuer und nicht der Umsatzsteuer.

Nettopreisvereinbarung oder Bruttopreisvereinbarung?

Ein wesentlicher Streitpunkt war die Auslegung des Bauvertrags hinsichtlich der Preisvereinbarung. Wurde ein Netto- oder Bruttopreis vereinbart? Bei einer Nettopreisvereinbarung ist der Kunde nur zur Zahlung der tatsächlich anfallenden Umsatzsteuer verpflichtet. Der Vertrag enthielt Formulierungen wie „zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer“, was auf eine Nettopreisvereinbarung hinweist. Diese Regelung wurde durch allgemeine Geschäftsbedingungen bestätigt, die eine Anpassung des Preises bei Änderung des Mehrwertsteuersatzes vorsahen.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass eine Nettopreisvereinbarung vorlag. Damit war die Berechnung der Umsatzsteuer auf den Werklohn unzulässig, da das Bauvorhaben umsatzsteuerfrei war.

Bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückerstattung

Der Auftraggeber machte seinen Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Umsatzsteuer aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB geltend. Das Gericht stellte fest, dass die Zahlung der Umsatzsteuer ohne Rechtsgrund erfolgt war, da sie nicht geschuldet wurde. Entscheidend war dabei, dass die Umsatzsteuer fälschlicherweise in Rechnung gestellt und gezahlt wurde.

Die Beklagte konnte sich nicht auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, da ihr ein Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt zustand. Ein solcher Anspruch bleibt auch bestehen, wenn eine Rechnungskorrektur nach § 14c Abs. 1 UStG erforderlich ist. Die Möglichkeit zur Korrektur war der Beklagten zumutbar.

Bedeutung der Vertragsgestaltung

Der Fall verdeutlicht die Relevanz einer klaren Vertragsgestaltung. Insbesondere bei Bauleistungen in Verbindung mit einem Grundstückserwerb sollte die Frage der Umsatzsteuerpflicht bereits bei Vertragsschluss sorgfältig geprüft werden. Fehlerhafte Annahmen können erhebliche finanzielle Folgen für beide Vertragsparteien haben.

Fazit

Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer korrekten steuerrechtlichen Einordnung von Verträgen im Bau- und Immobiliensektor. Für Steuerberater, Juristen und Unternehmer gilt es, die Abgrenzung zwischen grunderwerbsteuerpflichtigen und umsatzsteuerpflichtigen Leistungen genau zu beachten. Eine klare Vertragsgestaltung und die Beachtung steuerrechtlicher Vorgaben sind essenziell, um Streitigkeiten zu vermeiden und rechtliche Risiken zu minimieren.

Zu dem Thema sowie zu allen anderen steuerlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/ 528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.