Umsatzsteuerbarkeit von platzierungsabhängigen Preisgeldern?
Der BFH schließt sich mit seinem Urteil vom 2. August 2018 (V R 21/16) zur fehlenden Umsatzsteuerbarkeit bei platzierungsabhängigen Preisgeldern der Rechtsauffassung des EuGH (10. November 2016, C-432/15, Rs. Bastová, zur Teilnahme an einem Pferderennen) an. Preisgelder, die in einem Wettbewerb gewonnen werden, sind nicht steuerbar, da sie durch die Ungewissheit nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erzielt würden. Es kommt also darauf an, ob eine bloße ungewisse Entgelterwartung vorliegt, die sich nur im Erfolgsfall auszahlt oder ob in jedem Fall ein platzierungsunabhängiges Entgelt, etwa in Form eines Antrittsgeldes, gezahlt wird. Im konkreten Fall ging es um die Teilnahme an Reitturnieren. Weitere in Betracht kommende Tätigkeiten sind daneben z. B. auch noch Sportwettkämpfe, Schönheitswettbewerbe oder die Teilnahme an Pokerturnieren (vgl. das vorangegangene BFH-Urteil vom 30. August 2017, XI R 37/14, mit einem gleichlautenden Tenor zum Fall eines Berufspokerspielers).
Urteilssachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer GmbH, die sich der Ausbildung, dem Kauf und Verkauf von Pferden sowie der Förderung von Reitern für den Spitzensport gewidmet hat. Die GmbH erklärte für die Streitjahre Umsätze aus Verkauf von Pferden und Preisgeldern und machte einen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen für die Anschaffungskosten der Pferde geltend. Das Finanzamt ging aufgrund der fehlenden Steuerbarkeit von einer umsatzsteuerlich unbeachtlichen Tätigkeit aus und versagte daher insofern den Vorsteuerabzug.
Vorinstanz
Das zuständige Finanzgericht hatte dann über die folgende Klage zu entscheiden (FG Niedersachsen vom 6. Oktober 2015, 16 K 254/14). Diese wurde abgewiesen. Zunächst wurde bestätigt, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin unstreitig um eine unternehmerische Tätigkeit handele. Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestünde daher auch dem Grunde nach, allerdings stünde dieser das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG i. V. m. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 EStG entgegen. Das Gericht nahm aufgrund der geringen Anzahl an Turnieren, dem Fehlen eigener Infrastruktur, sowie nur einem einzigen verkauften Tier keine Pferdezucht, sondern lediglich eine umsatzsteuerlich unbeachtliche Tätigkeit bzw. ertragsteuerlich Liebhaberei an. Vielmehr stellte das Gericht auf ein überdurchschnittliches Repräsentationsbedürfnis zur Befriedigung der sportlichen Neigungen ab und sah den unternehmerischen Zweck nur im Hinblick auf die Teilnahme an Turnieren gegeben.
Entscheidung
Der BFH hat auf die Revision der Klägerin hin dieses Urteil aufgehoben und verwirft die Argumentation des FG. Das FG sei danach zu Unrecht von einer Steuerbarkeit aller Umsätze aus der Teilnahme von Pferderennen und einer darauf beruhenden Unternehmerstellung ausgegangen.
Der BFH hat vielmehr seine bisherige vertretene Auffassung aufgegeben (BFH Urteil vom 9. März 1972, V R 32/69) und sich der Rechtsauffassung des EuGH angeschlossen. Im sog. Bastová-Urteil des EuGH hatte dieser festgestellt, dass ein Leistungsaustausch i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur dann vorliegt, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer Leistung und einer tatsächlich empfangenen Gegenleistung gegeben ist. Sofern für eine Teilnahme keine Vergütung gezahlt wird und nur bei erfolgreicher Platzierung ein etwaiges Preisgeld winkt, so liegt keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung vor und es fehlt am erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang der vom Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung mit der erhaltenen Zahlung.
Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und Entgelt wird nur durch eine unabhängige Vergütung zum Wettbewerbsantritt begründet (z. B. ein Antrittsgeld). Ein umsatzsteuerbarer Leistungsaustausch liegt ohne diesen unmittelbaren Zusammenhang nicht vor. Liegt kein Leistungsaustausch vor, so entfällt also die Steuerbarkeit und es liegt daher auch keine umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft vor.
Diese Entscheidung hat Vorzeigewirkung für eine Vielzahl von Tätigkeiten im Zusammenhang mit Wettbewerben und Veranstaltungen mit Preisgeldern im Erfolgsfall, von denen oben nur einige Beispiele aufgeführt wurden.
Besonderheit des Urteils
Durch das Finanzamt wurde im Verfahren vorgetragen, dass die bereits erfolgte Rechtsprechung des BFH zum Berufspokerspieler (BFH-Urteil vom 30. August 2017, XI R 37/14) aufgrund der bislang noch nicht erfolgten amtlichen Veröffentlichung im Bundessteuerblatt nicht über den konkreten Einzelfall hinaus anwendbar sein könne. Dabei verkennt es laut dem BFH, dass es nicht auf die amtliche Veröffentlichung im Bundessteuerblatt ankommt und die Finanzverwaltung nach Art. 4 Abs. 3 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union gehalten ist, die Rechtsprechung des EuGH zu beachten und die Steuerrechtsnormen im Lichte der entsprechenden Urteile (hier Rs. Bastová) auszulegen sind.
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