Ablaufhemmung nach Erstattung der Selbstanzeige
Die Kläger haben in 2008 eine Selbstanzeige für die Jahre 1996, 1997 und 2000 bis 2006 hinsichtlich nicht erklärter Kapitaleinkünfte abgegeben. Für die ersten Streitjahre 1996 und 1997, hatten die Kläger ihre Steuererklärung im Jahr 1998 abgegeben, sodass die reguläre Verjährungsfrist nach 10 Jahren (ab Abgabe der Steuererklärung) mit Ablauf des Jahres 2008 endete. Als 2010 durch die Fahndungsprüfer Änderungsbescheide für 1996 und 1997 erlassen wurden, war streitig, ob die Bescheide nach Eintritt der Festsetzungsfrist (Verjährung) erlassen wurden, da die Kläger einwandten, dass sowohl die reguläre Zehnjahresfrist, als auch die einjährige Verlängerungsfrist bei Selbstanzeige (§ 171 Abs. 9 AO) abgelaufen war.
Bereits 2007 hatte die Steuerfahndung allerdings durch eine Steuer-CD Hinweise auf das liechtensteiner Depot der Kläger erhalten. Anfang 2008 wurde ein Steuerstrafverfahren eingeleitet und es erging ein Prüfungsauftrag der Steuerfahndung für den Zeitraum von 1996 bis 2006, für den in der Folgezeit Unterlagen von den Eheleuten angefordert wurden.
In § 171 Abs. 5 AO ist geregelt, dass die Festsetzungsfrist (Verjährung) durch Ermittlungen der Steuerfahndung vor Ablauf der Festsetzungsfrist so lange gehemmt ist, bis der aufgrund der Ermittlungen erlassene Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist. Somit besteht also die Möglichkeit einer deutlich längeren Festsetzungsfrist. Die Steuerfahndung machte geltend, dass in der Anforderung der Unterlagen bereits Ermittlungen zu sehen seien, welche die längere Verjährungsfristen entsprechend in Gang gesetzt hätte.
§ 171 Abs. 9 AO regelt hingegen, dass die Festsetzungsfrist (Verjährung) bei einer Selbstanzeige bereits mit Ablauf eines Jahres endet. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass § 171 Abs. 9 AO als Sonderregelung dem § 171 Abs. 5 AO vorgehe und die Festsetzungsfrist somit nicht bis zur Unanfechtbarkeit der Bescheide verlängert worden sei, sondern ein Jahr nach Erstattung der Selbstanzeige abgelaufen war.
Über diesen Streitgegenstand hat der BFH nun entschieden (BFH, Urteil v. 03.07.2018, VIII R 9/16). Der BFH versteht die Regelungen dabei so, dass diese nebeneinander bestehen können und eine Selbstanzeige die längere Verjährungsfrist bei Ermittlungen der Steuerfahndung (§ 171 Abs. 5 AO) nicht automatisch ausschließt.
Allerdings hat der BFH auch festgestellt, dass in der allgemeinen Anforderung von Unterlagen im Jahre 2008 noch keine Ermittlungen für die Streitjahre 1996 und 1997 gesehen werden könne, da sich dieses Anfordern auf den gesamten Zeitraum von 1996 bis 2006 bezog und damit zu unkonkret war. Die Ermittlungen müssen also innerhalb der regulären Zehnjahresfrist erfolgen, um ihre Wirkung zu entfalten. Sollten die Ermittlungen erst nach Ablauf dieser Frist, aber innerhalb der einjährigen Verlängerung der Festsetzungsfrist aufgrund einer Selbstanzeige erfolgen, dann führt dies nicht zu einer Erweiterung der Ablaufhemmung bis zur Unanfechtbarkeit des zu erlassenden Steuerbescheids im Sinne von § 171 Abs. 5 AO, da dies einer unzulässigen Fristverlängerung gleich kommt (BFH, Urteil v. 08.07.2009, VIII R 5/07). Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass die Festsetzungsfrist bei einer Selbstanzeige nicht automatisch die längere Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 5 AO ausschließt. Dies ist nämlich dann nicht der Fall, wenn konkrete Ermittlungen innerhalb der regulären zehnjährigen Festsetzungsfrist stattgefunden haben.
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