Das Berliner Testament und seine steuerlichen Fallstricke
Bereits im Jahr 2018 haben wir über das Berliner Testament im Zusammenhang mit seinen Gefahren durch Pflichtteilsstrafklauseln berichtet. Hieran anknüpfend befasst sich der folgende Beitrag mit den erbschaftsteuerlichen Nachteilen des Berliner Testaments und zeigt auf, welche alternativen Gestaltungsformen genutzt werden können, um diese zu vermeiden.
Das Berliner Testament ist die wohl geläufigste Erscheinungsform des gemeinschaftlichen Testaments gemäß § 2269 BGB, das Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern die Möglichkeit eröffnet, sich gegenseitig als alleinige Erben einzusetzen und gemeinsam einen Schlusserben zu bestimmen, dem der beiderseitige Nachlass mit dem Tod des länger lebenden Ehepartners zufällt. Insoweit regelt das Berliner Testament gleich zwei Erbfälle in einer einzelnen Verfügung.
Das Berliner Testament gibt den Eheleuten ein Instrument an die Hand, um ihre Nachfolgeplanung sinnvoll zu gestalten und trägt gleichermaßen ihrem beiderseitigen Wunsch Rechnung, den länger lebenden Ehepartner finanziell abzusichern. Denn mit dem Tod des zuerst versterbenden Ehepartners geht das gesamte Vermögen wunschgemäß an den überlebenden Ehepartner über, wodurch diesem eine lebzeitige Verfügungsbefugnis über das kumulierte Vermögen eingeräumt wird. Erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners werden die gemeinsamen Kinder oder Dritte Schlusserben jenes Vermögens, das nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners noch vorhanden ist. Sofern der überlebende Ehepartner das gesamte Vermögen ausgegeben hat, erben die Schlusserben nichts.
Allerdings birgt das Berliner Testament auch steuerliche Gefahren, da das Vermögen des Erstversterbenden im Ergebnis einer „zweifachen“ Steuerpflicht unterliegt. Beim Erwerb des Vermögens durch den überlebenden Ehepartner liegt grundsätzlich ein steuerpflichtiger Erwerb vor. Dabei steht allen Erben jedoch ein steuerlicher Freibetrag gemäß §§ 15, 16 ErbStG zu (bei Ehepartnern EUR 500.000,00 und bei Kindern EUR 400.000,00). Erst, wenn dieser erbschaftsteuerliche Freibetrag ausgeschöpft ist, müssen die Erben eine Erbschaftsteuer zahlen. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Kinder durch das Berliner Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind, können sie ihren Freibetrag nach dem ersten Erbfall aber nur dann nutzen, wenn sie ihren Pflichtteil gegenüber dem überlebenden Elternteil einfordern. Tun sie dies nicht, bleibt der Freibetrag in Höhe von EUR 400.000,00 nach dem Tod des ersten Elternteils ungenutzt und verfällt.
Vor diesem Hintergrund kann sich das Berliner Testament für die Schlusserben als doppelt nachteilig erweisen, da ihnen mit dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils nicht nur ein steuerlicher Freibetrag verloren geht, sondern auch der Erwerb des Vermögens des zuletzt versterbenden Elternteils dem Grunde nach eine erneute Erbschaftsteuer auslöst.
Um diese steuerlichen Nachteile zu vermeiden, bieten sich alternative Gestaltungsformen an. So können lebzeitige Zuwendungen an die Kinder erfolgen oder Vermächtnisse zu Gunsten der Kinder angeordnet werden, die bereits beim Tod des erstversterbenden Ehegatten anfallen. Die Anordnung eines solchen Vermächtnisses kann jedoch das Ziel der Eheleute, sich gegenseitig finanziell absichern zu wollen, konterkarieren.
Somit sind die Beweggründe, die Eheleute zu der Errichtung eines Berliner Testaments veranlassen zwar nachvollziehbar. Im Hinblick auf seine erbschaftsteuerlichen Konsequenzen ist jedoch Vorsicht geboten, sodass vorab genau geklärt werden sollte, ob sich die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments anbietet.
Zu dem Thema Berliner Testament sowie zu allen anderen erbrechtlichen Themen beraten wir Sie gerne umfassend. Sie erreichen uns unter der Nummer 040/528 403 – 0 oder per E-Mail unter info@rugefehsenfeld.de.