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Besuchszwang im Testament – sittenwidrig?

7. März 2019

Grundsätzlich herrscht in Deutschland Testierfreiheit. Das heißt, der Erblasser kann frei verfügen, was er möchte. Dies ist Ausfluss der verfassungsrechtlich verankerten Privatautonomie. Die Testierfreiheit des einen hört aber da auf, wo sie zur Beschränkung der Freiheit eines anderen wird. Dies bekam ein Großvater zu spüren, der seinen Enkeln im Testament einen „Besuchszwang“ auferlegte. Er setzte sie nur unter der Bedingung zu seinen Erben ein, dass sie ihn zu Lebzeiten regelmäßig besuchen. Dies ist sittenwidrig, wie das OLG Frankfurt mit Beschluss vom 05.02.2019 (Az. 20 W 98/18) entschied.

Der Großvater hatte in seinem Testament seine Ehefrau und einen Sohn aus erster Ehe als Erben zu je 25 Prozent seines Vermögens eingesetzt. Die übrigen 50 Prozent sollten die beiden Enkel bekommen, deren Vater ein anderer Sohn des Erblassers war, der danach nichts erhalten würde. Die Enkel sollten jedoch nur unter der Bedingung erben, dass sie den Großvater zu Lebzeiten regelmäßig besuchen. Dieser legte im Testament eine Mindestanzahl an jährlichen Besuchen fest. Da die Enkel dieser nicht nachkamen, hatten die Ehefrau und der andere Sohn nach dem Tod des Erblassers die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie jeweils als hälftige Miterben ausweisen sollte. Das Nachlassgericht kam dem zunächst nach. Die Enkel legten sodann Beschwerde ein, die vor dem OLG Erfolg hatte.

Testamentarische Verfügungen sind ausnahmsweise dann sittenwidrig, wenn sie nach einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen. Dies war bei der Besuchsbedingung nach Meinung des OLG der Fall, da sich der Erblasser ein bestimmtes Verhalten seiner Enkel zu erkaufen versucht habe und sie somit unbillig in ihrer Entschließungsfreiheit einschränken wollte.

Unberührt von der Nichtigkeit der Bedingung blieb jedoch die Erbeinsetzung als solche. Selbst bei Kenntnis der Sittenwidrigkeit der Besuchsbedingung sei aufgrund der gewünschten engen Bindung zu den Enkeln immer noch davon auszugehen, dass der Erblasser diese trotzdem als Miterben eingesetzt hätte, so das OLG.

Auch wenn man menschlich wohl darüber streiten kann, was beim Thema Angehörigenbesuche denn nun „anständig“ ist und was nicht – aus juristischer Sicht ist dem OLG hier recht zu geben. Auch die weitreichende Testierfreiheit muss da ein Ende haben, wo sie in eine Beschränkung der Freiheit Anderer übergeht.

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